Samstag, 20. März 2010

Stillen könnte vielen Säuglingen das Leben retten

Einer Harvard-Studie zufolge könnte die natürliche Säuglingsnahrung Muttermilch jährlich 900 Kinder allein in den USA vor dem Tod bewahren und dem Land finanzielle Verluste in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar ersparen (PEDIATRICS online April 5, 2010; Spiegel online 05.04.2010). Melissa Bartick von der Harvard Medical School, die leitende Autorin der Studie: „Wir führten eine Kostenanalyse für alle pädiatrischen Erkrankungen durch, deren Risikofaktoren laut der Agency for Healthcare, Research and Quality sich mit geringen Stillraten erhöhen: Nekrotisierende Enterokolitis, Otitis Media, Gastroenteritis, Krankenhausaufenthalte durch Infektionen der unteren Atemwege, Atopische Dermatitis, Plötzlicher Säuglingstod, Asthma und Leukämie im Kindesalter, Typ-1-Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes mangels ausreichender Daten nicht berücksichtigt) und Adipositas im Kindesalter“. Frauen sollten die Chance haben, unmittelbar nach der Geburt mit dem Stillen zu beginnen, erklärte Bartick. Oft würden Neugeborene jedoch schon im Krankenhaus mit künstlicher Säuglingsnahrung gefüttert. In den USA werden zwölf Prozent aller Babys sechs Monate lang ausschließlich mit Muttermilch ernährt, wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. In Deutschland wies die letzte bundesweite Erhebung 1998 eine entsprechende Stillrate von zehn Prozent auf, eine jüngere Studie aus Bayern zeigte 2007 immerhin, dass hier 21 Prozent aller Babys mit sechs Monaten noch ausschließlich gestillt wurden. Dass verbesserte Rahmenbedingungen in Geburtskliniken das Stillen fördern, wurde duch eine große randomisierte Interventionsstudie bereits gezeigt; derzeit untersucht eine noch nicht abgeschlossene Studie in einer Modellregion Bayerns die These, dass vertieftes Stillwissen des betreuenden Gesundheitspersonals die Stillquoten erhöht.

Mittwoch, 17. März 2010

Langzeit-Stillen

Wie lange dauert eine "normale" Stillzeit?

Die Süddeutsche Zeitung berichtete vor Kurzem über einen (angeblichen) Trend zum "Stillen ohne Ende" und fasste zusammen: "Ärzte sind entsetzt, Übermütter begeistert." (http://www.sueddeutsche.de/leben/862/503090/text/). Der Artikel suggeriert, langes Stillen "verwöhne" die Kinder und werde von ärztlicher Seite abgelehnt. Der Kinderarzt Dr. med. Herbert Renz-Polster beschäftigte sich daraufhin mit der "richtigen" Stilldauer aus Sicht der evolutionären Verhaltensforschung und hat einen erhellenden Artikel dazu auf seine Webseite gestellt. Der Artikel darf gerne verlinkt, abgedruckt und weitergeleitet werden: http://www.kinder-verstehen.de/langzeitstillen.html



Sonntag, 7. März 2010

Allergie verhüten?

Seit November 2009 sind alle Lebensmittel, die in den fünf Jahren davor als potentiell allergieauslösend aufgelistet worden waren, praktisch wieder „begnadigt“. Es gibt seitdem also keine Liste mehr von Nahrungsmitteln, die während der Schwangerschaft, in der Stillzeit oder für die Beikost des Babys zu meiden wären. Alles ist gut : Was schmeckt darf wieder ohne Angst vor Allergie gegessen und dem Baby angeboten werden!

Die „Leitlinie zur Allergieprävention“ wurde im Rahmen des Aktionsbündnisses Allergieprävention (abap) erstmals im Jahr 2004 erstellt und nun im Jahr 2009 überarbeitet von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) in Zusammenarbeit mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie (GPA). Einer der Autoren wies darauf hin, dass die US-amerikanische Gesellschaft für Pädiatrie in einer aktuellen Übersichtsarbeit zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sei.

Was war der Sinn der so viel Aufregung verursachenden und so rasch überholten Leitlinien? Allergische Erkrankungen, wie Asthma, Heuschnupfen und das atopische Ekzem nehmen seit vielen Jahren unvermindert zu. Die Ursachen sind nach wie vor weitgehend ungeklärt. Mangels einer wirksamen schulmedizinischen Therapie wäre eine Verhütung besonders wichtig. Aber nach fünf Jahren, in denen Mütter sich und ihre Kinder in diesem Dienst gezügelt haben, steht nun fest: „Eine allgemeine Diät zur Allergieprävention kann nicht empfohlen werden.“ Hier das Wichtigste aus der neuen Leitlinie:

  • Während der Schwangerschaft und Stillzeit lautet die Empfehlung für die Frau, ihre Ernährung nicht einzuschränken – d.h. ein Verzicht auf bestimmte Lebensmittel während Schwangerschaft und Stillzeit wird nach heutiger wissenschaftlicher Datenlage nicht dazu beitragen, eine Allergie des Kindes zu verhüten.
  • Fisch zu essen wird jetzt ausdrücklich empfohlen: Schon in der Schwangerschaft und während der Stillzeit soll Fisch gegessen werden. Haben Wissenschaftler vorher vermutet, dass Fisch Allergien auslösen kann, so vermuten sie jetzt, dass Fisch eine Atopie sogar eher verhütet. (Sollte nach einigen Jahren wieder etwas anderes vermutet werden, werden Sie es hier erfahren :-))

  • Das Baby darf – so es denn möchte – schon ab dem fünften Lebensmonat vom Essen der Großen probieren. Sein potentielles Allergierisiko wird nach heutigem Kenntnisstand nicht gesenkt, wenn man mit der ersten Beikost bis zum siebten Monat wartet. Es sinkt auch nicht dadurch, dass man dem Kind bestimmte Lebensmittel in den ersten beiden Lebensjahren vorenthält. Wenn es künftig also von Ihrem Frühstücksei probieren möchte: Bitte sehr!